Ich war am Montagabend in der Stadthalle, verfolgte die Präsentation, stellte eine öffentliche Frage, und war bis 22 Uhr vor Ort, die letzte Stunde am Thementisch Bewertungsfaktoren.
Die Präsentation fand ich ansprechend aufgemacht, die Möglichkeit Fragen zu stellen war auch da, hinterher Diskussion an den Themeninseln. Okay.
Sehr unbefriedigend fand ich das Informationsangebot zum Bewertungsverfahren.
Alles in allem stehen da sehr oberflächlich Behauptungen im Raum.
Ich zitiere mal aus dem Internetauftritt www.stadt-bahn-plus.de
**Reisezeit-Ersparnis**
**Der Stadtbahnausbau schenkt Ihnen Zeit dank schnellerer Verbindungen ohne
Umsteigen. Pro Jahr bedeutet das für jeden ÖPNV-Nutzer Braunschweigs ein
Plus von 5 Stunden und damit einen volkswirtschaftlichen Nutzen.**
(Bitte definieren was der volkswirtschaftliche Nutzen von 5 Stunden sind ...
ist das nicht abhängig davon, was ich mit den 5 Stunden mache:
diese 5 Stunden (300 Minuten/Jahr) habe ich ja nicht am Stück sondern in Miniportionen
etwa 1 Minute täglich z.B. wenn ich mit dem ÖPNV täglich zur Arbeit, zur Schule fahre
(30 Sekunden bei der Hinfahrt, 30 Sekunden bei der Rückfahrt)
**Betriebskosten-Ersparnis im ÖPNV**
Dort steht: **Für Betrieb und Unterhalt des Nahverkehrs steht die Stadtbahn gut da. In Stadtbahnen haben doppelt so viele Fahrgäste Platz wie in einem Gelenkbus oder dreimal so viele Fahrgäste wie in einem Solobus. Das bedeutet die Reduzierung von Werkstattaufwand, Personalkosten und Treibstoffverbrauch. Im Durchschnitt ersetzt eine Stadtbahn 45 PKW oder 2,5 Busse auf der Straße**
Wie sieht es aus bei wenig befahrenen Zeiten oder Strecken oder dem Fall, das eine neu gebaute Strecke doch nicht angenommen wird (im Gelenkbus blieben dann z.B. von 60 Plätzen 54 leer wenn nur 6 Personen fahren (also 10% Auslastung) in der Tram mit 3fachem Platzangebot blieben von 180 Plätzen 174 leer (also Auslastung nur etwas über 3%)
Die vermutete Antwort könnte sein, das das im Mittelwert eingerechnet sei. Dennoch interessieren mich hier die zugrunde liegenden Prognosen, und verschiedene Fallannahmen auch je nach Annahme des neuen Angebotes.
Was für ein Pkw wird veranschlagt, der dann nicht mehr fährt: ein Kleinstwagen, ein SUV, ein Benziner, ein Diesel, E-Auto, Gasbetrieben, ...
Bitte mehr Infos (Verbrauch, Gewicht, Typ ... ) auf die Homepage.
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**Einsparung an Umweltemissionen**
Dort steht: **Die Stadtbahn ist ein Klimaschoner. Eine Stadtbahn verursacht im Vergleich zum Verbrennungsmotor nur rund ein Viertel des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid pro Person und Kilometer. Für Braunschweig macht das über 4.200 Tonnen CO₂
weniger pro Jahr. Auch im Ausstoß sonstiger Schadstoffe wie Kohlenmonoxid, Kohlenwasser stoffe,
Stickoxide, Schwefeloxide und Feinstaub schneidet die Stadtbahn besser ab.**
Hängen die Umweltemissionen nicht auch von der Erzeugung des verwendeten, nachgefragten Stromes ab ... Was ist hier die Grundlage ? Kohlekraftwerk, Atomstrom, Erneuerbare Energie, ...
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**Betriebskosten-Ersparnis im Autoverkehr**
Dort steht: **Die Stadtbahn senkt die PKW-Nutzung deutlich: Sie spart im Jahr 11,1 Millionen Auto-Kilometer in Braunschweig ein**
Auch hier bitte genauere Quellen und Basisdaten auf die Homepage.
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**Sicherheit – Einsparungen bei Unfallschäden**
Dort steht **Durch den Stadtbahnausbau steigen mehr Menschen auf den ÖPNV um. So führt der verringerte Anteil an Autoverkehr auf den Straßen zu sinkenden Unfallzahlen**
Bitte eine Quelle zu dieser Behauptung.
Ich vermisse ein ganzheitliches Konzept zur Verringerung von Unfallzahlen. Dazu gehört mehr als nur die Möglichkeit zwischen Pkw und Straßenbahn zu wählen. Was ist wenn viele Pkw-Besitzer trotz Angebot einer Straßenbahn trotzdem Autofahren ...
man kann sie ja schlecht zwingen, das Auto stehen zu lassen.
Mancher benutzt das Auto weil viel zu transportieren ist, ein anderer weil er nicht im Menschengemenge stehen oder sitzen will, oder Flexibiliät, verschiedene Wege kombinieren, ... Stau hin oder her ...
Für mich als Radfahrerin und Fußgängerin sind Straßenbahn ein großer Gefährdungsfaktor. Es gibt nicht nur Unfälle durch Autos ....
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Ganz allgemein wünsche ich mir detaillierte Infos zum standardisierten Bewertungsverfahren. Wie sieht das genau(!) aus?
Nur weil man sich das Verfahren nicht aussuchen kann, bedeutet es ja nicht das das Verfahren an sich und seine monetären Wertzuschreibungen durchweg Sinn machen. Evtl. gibt es Lücken in den Bewertungsunterfaktoren, oder eine Gewichtung ist nicht optimal. Es hieß auf der Veranstaltung das Verfahren ändere sich immer wieder ...
Für die Stadt und die Verkehrs-GmbH hat oberste Priorität die Finanzierbarkeit.
Der Durchschnittsbürger fragt sich jedoch: was sind die Vorteile, die Nachteile, die Nebenwirkungen, die Risiken.
Nicht alles was dem Verkehrsteilnehmer, dem Nutzer, dem Anwohner von Trassen Lebensqualität ausmacht, lässt sich schließlich in Geld bemessen.
In der Präsentation wird uns die Stadtbahn als Wunderwaffe von Mobilität und Umweltfreundlichkeit verkauft. Das ist sie nicht, vielleicht manchmal, fast, mal mehr mal weniger, für bestimmte Strecken, aber nicht generell.
"Die Stadtbahn ist nicht sinnvoll" nur weil sie manche gerne haben möchte, oder sie so sehen, weil sie prestigeträchtig ist, und noch lange nicht weil unter optimistischsten willkürlichen derzeit für den interessierten Bürger noch nicht nachzuvollziehenden geheimen Berechnungen, Bewertungsfaktoren attraktiv gerechnet werden. Bewertungsfaktoren denen die Erreichung eines bestimmten Zieles zugrunde liegt: Finanzierung, hauptsächlich durch Fördermittel. Das ist verständlich das man sich erfolgversprechend präsentiert, heisst aber nicht das das auch immer realistisch ist, wie etwas vorgestellt wird. Bitte mehr Transparenz.
Alternativen fehlen mir.
Was ist mit Stadtbahn-PLUS-Kombi-Lösungen in Form von Linien, die aus Stadtbahn bestehen UND aus Bus. Dann steigt man halt mal kurz um und wechselt das Fahrzeug. Kein Problem wenn der Bus wartet bis die Tram eingetroffen ist und nicht vorher abfährt.
Dazu sind keine neuen Trassen nötig. Anwohner werden nicht durch Bauarbeiten belastet und auch nicht durch den Tramverkehr und auch nicht durch Beteiligung an den Baukosten. Auch schwindet dadurch kein Stadtgrün.
Das könnte man doch zumindest mal in Erwägung ziehen. Wenns nicht klappt, nicht schlimm, fährt der PLUS-Bus halt woanders ...
Möglicherweise wären die Kosten hierfür aber so gering das es keine Fördermittel gäbe (Mindestvolumen 50 Mio. soweit ich weiß).
Das heisst aber nicht das so eine kleine Lösung nicht auch sinnvoll ist. Kurzfristig. Mittelfristig. Langfristig. Bitte in Betracht ziehen.
Für mich macht es kein Sinn nur wegen der Fördermittel Großprojekte zu starten die so keiner braucht, wenn eine kleinere Lösung die Bedürfnisse auch gestillt hätte.
Sowohl was die Veränderung der Einwohnerzahl angeht, als auch Arbeitsplätze und Studentenzahlen, kann niemand soweit in die Zukunft schauen (Einwohnerzahl 2030 - die Prognosen schwanken zwischen 255.000, 260.000, 270.000 - je nachdem welche Statistik man zu welchem Zwecke bemüht. Statt ungebremstem Wachstum, kann es ebenso zum Stagnieren der Einwohnerzahl, wie zum Rückgang kommen. Wenn es eine bessere Anbindung ans Umland geben würde, könnte ich selbst mir z.B. einen Fortgang aus Braunschweig gut vorstellen. Derzeit bräuchte ich dann aber ein Auto, da ich mir das nicht anschaffen will, bleibe ich vorerst in dieser Stadt. Wachstum ist nicht automatisch gut. Die Frage ist was wächst wie und warum... das ist kein Naturgesetz und auch kein Krebsgeschwür und auch nicht automatisch eine Einnahmenquelle ...
Kurzum - wer weiß was tatsächlich passiert? Wir brauchen flexible Lösungen, nicht nur rein statische.
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Statt einfacher Behauptungen wünsche ich mir detaillierte Informationen, Quelleninfos, Transparenz.
Ohne diese kann man als interessierter Bürger den Wert der möglichen Streckenführungen nicht beurteilen.
Das Hantieren mit bunten Bildchen statt konkreten Zahlen, die uns dann ein bezugloses Ergebnis von 1,3 oder 1,6 präsentieren sind auf einem Informationsniveau angesiedelt, das einem mündigen Bürger nicht würdig ist. Das Informationsangebot zur Stadtbahnbewertung war in der Außenwirkung "heiter bis wolkig". Bitte etwas mehr Ernsthaftigkeit, es geht hier nicht um Unterhaltung der Bürger sondern um Information.
Ohne Transparenz ist die Bürgerbeteiligung für mich eine wertlose Alibiaktion. Das wäre jedoch schade um die Lebenszeit aller Beteiligten. Da reichen 5 Stunden Zeitgewinn im Jahr nicht aus, um uns für eine evtl. Zeitverschwendung zu entschädigen.
Da geht noch was, bitte bessern Sie nach.
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Und noch eine Frage und Bitte um Information:
wie sieht es aus mit der Kostenbeteiligung von Anwohnern an den Trassen Bau- und Umbaumaßnahmen?
www.zuhause.de/strassenausbaubeitraege-wann-hausbesitzer-zahlen-muessen/id_74768422/index
Bitte Infos dazu auf die Homepage.
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Anfang Dezember 2016 habe ich am Mobilitätsworkshop des ZGB im Rahmen des "Masterplan Klimaschutz" teilgenommen
Themen waren:
Klimafolgen der Mobilität
Mobilität in der Region Braunschweig: Bisherige Entwicklung, Trends und Perspektiven
Aktivitäten des ZGB für klimaschonende Mobilität
Flottenplanung mit Elektrofahrzeugen
Radschnellverbindungen
Die Ergebnisse stehen dazu demnächst hier:
www.zgb.de/klimaschutz/
Auch sonst www.zgb.de einen Besuch wert
Bei aller Kritik und offenen Wünschen.
Ich schätze die Beteiligung von Bürgern an der Stadtentwicklung. Das ist ein guter Weg. Und dieser ist ausbaufähig.