Sehr geehrte Damen und Herren,
als Braunschweiger verfolge ich nunmehr seit Jahrzehnten die Diskussion um ein neues ÖPNV-Konzept. Vor ca. 25 Jahren war es vorrangig die Strecke raus zum Kanzlerfeld durch die Lindenallee in Lehndorf, die unter anderem auch jetzt wieder in den Focus der Planungen getreten ist.
Was sind die mir bekannten Argumente für eine Straßenbahntrasse über Lehndorf zum Kanzlerfeld:
1. Mehr Fahrgastzahlen mit einer Fahrt
2. Umweltfreundlicher
Dann hört es aber auch schon auf mit positiven Argumenten. Auf der Proseite für den Bus stehen:
1. Individuelle Anpassung des bestehenden Busses an die Fahrgastzahlen
2. Flexible Streckenführung durch den Einsatz von Bussen
3. Umweltfreundlichkeit bei Einsatz von E-Bussen
4. Hohe Kosteneinsparung bei Beibehaltung des aktuellen Bus-ÖPNV-Systems
5. Bestehende Anbindung an die PTB, kein Umsteigen an der Wendeschleife vTI
Schaut man sich einmal die weiträumige Bebauung links und rechts der Bundesallee im Kanzlerfeld an, dann stellt sich die Frage, wie möchten die Verantwortlichen der Stadt Braunschweig und die Planer, diese Menschen an ein neu zu schaffendes ÖPNV binden? Man muss berücksichtigen, dass in diesen Bereichen die Bewohner häufig mehrere Fahrzeuge besitzen. Dieser Tatsache folgt, dass hier z.T. Menschen mit überdurchschnittlichem Einkommen wohnen, von denen nur ein marginaler Teil in einen Bus oder eine Bahn steigt. Viele dieser Menschen arbeiten bei VW, fahren, weil sie einen Dienstwagen besitzen, grundsätzlich nicht mit öffentlichen Systemen; andere arbeiten im vTI oder der PTB, gehen zu Fuß oder nehmen das Rad. Wer vom Planungsgremium glaubt, dass diese Menschen hunderte Meter gehen, um zum ÖPNV zu kommen, der verschließt die Augen vor der Realität. Ich erlebe die Situation tagtäglich, wenn ich aus der Stadt rausfahre und erlebe, dass an den Haltestellen hauptsächlich Kinder stehen.
Und noch ein Argument, welches momentan gegen die Straßenbahn spricht. Was ist mit den Pendlern, die aus den Bereichen Lamme, Bortfeld, Vechelade, Wendeburg usw. kommen. Gehen diese Menschen dann zu Fuß bis zum Kanzlerfeld, um dort in die Straßenbahn einzusteigen?
Ich stelle fest, Ihre Argumente pro Straßenbahn sind noch nicht ausgereift, lassen noch sehr viele Fragen offen.
Um die Menschen für ein modernes ÖPNV zu motivieren, ist eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung erforderlich. Vom Befürworter genannte Gründe, müssen nachvollziehbar dargestellt sein. Zahlenmaterial zu deren Berechnung der Bürger keinen Zugriff hat, helfen nicht die Akzeptanz zu erhöhen. Ich stelle fest, mich haben Sie noch nicht überzeugt. Was mich grundsätzlich an dem Konzept der Verkehrs AG stört ist das teure und starre Preisgefüge. Eine Einzelfahrkarte für Erwachsene von 2,50 € liegt schon für viele Menschen deutlich im Schmerzbereich. Braunschweig braucht unbedingt eine Mehrzonenfahrkarte/Kurzstreckenfahrkarte.
Wer soll also in Zukunft in Ihr neues Konzept einsteigen?
Mit freundlichen Grüßen
H. Seifert